Seen it all, done it all, can’t remember most of it!
…und daher eigentlich Zeit ein Fazit zu ziehen. Da jedoch am Horizont die Abschiedsbiere fröhlich winken, erspare ich mir die Arbeit des selbsterstellten Resümees. Zumal ich bereits die perfekte Beschreibung für das Leben in Shanghai gefunden habe. Autor leider unbekannt:
“Seriously though. I intend to win this thing. It is my pledge to you, gentle reader, that I will be here long after everybody’s left or been kicked out. My heart will go on. Come back in ten years — ill be here — just kicking it expat-style — still ordering “gourmet burgers” from Sherpas (Anm.: liefert von ca. 250 Restaurants in Shanghai nach Hause), taking taxis everywhere, not learning Chinese, paying my ayi (Anm.: chinesisches Wort für Tante, allerdings ebenfalls Sammelbegriff für Haushälterinnen, Putzfrauen, etc.) next to nothing, complaining about expensive cheese, getting grossed out by tea eggs, rocking a DVD collection in the thousands, scoring free champagne off club openings, camping out at Internet cafes looking creative, trying to figure a way out of the relationship I’m in with some Shanghainese girl, boring everyone to death with my limited knowledge of world cuisines, loosing cell phones, not paying electricity bills, DJing, hating on Pudong, lying about my job, getting Western Union from my grandmother, waiting for the next season of “Lost” to come out, getting gouged on rent, talking about how great Hong Kong is compared to Shanghai, getting pissed that my favourite western restaurant is getting overrun by other expats, not registering at the police station, paying too much for Schnitzel, taking up poker, sucking at football, maintaining a general ignorance of Chinese culture, writing a terrible blog that nobody reads, posing for Charlie Xia, and passing out in my apartment building elevator.”
Trefflicher hätte ich es nun wirklich nicht formulieren können. Danke Shanghai.
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Wenn es regnet, dann haben mindestens 9,5 von 10 Chinesen einen Schirm in der Benutzung. Diese qualitativ hochwertigen Regenschützer für 1-2 EUR/Stück sind in vielen Fällen so zerfetzt, dass hinterhältige Metalldornen in alle Richtungen gierig nach Beute schnappen. Für den durschnittlich großen Mitteleuropäer natürlich genau auf Augenhöhe. Seit kurzem besitze ich nun den ersten Schirm meines Lebens. Als Defensivbewaffnung zum Schutz des Augenlichts…
Bei strahlendem Sonnenschein und >32 Grad Celsius ziehen es immerhin noch ca. 4 von 10 Chinesen aller Geschlechter vor den Regenschirm aufzuspannen. Man könnte ja sonst braun werden! Und dann wären die ganzen Gesichtscremes und Body Lotions mit “Skin Whitening” ja umsonst verschmiert worden.
Bilder 1-4 Mit der ersten Wohnung in Hongqiao (Gubei) ab November 2007 ließ sich der Aufenthalt in Shanghai bereits vortrefflich an. Zumindest wenn man sich an Schranktüren, hinter denen sich lediglich eine Wand befindet, nicht stört. Auf Nachfragen erklärte mir mein Vermieter, dass dies “zur Zierde” sei, da “es dann nach mehr Schrank in der Wohnung aussieht”. Und so lernte ich als ignoranter Ausländer schnell, dass Schrank in China also was ganz besonderes zu sein scheint. Eben jener Vermieter wollte mich dann ab Januar schnellstmöglich aus der Bude werfen, weil er noch vor der Regenzeit die Außenwand in meinem Schlafzimmer rausreißen wollte und zu erneuern plante. Daher veranstaltete er ab Mitte Dezember mehrmals wöchentlich Besichtigungstermine mit angeblichen Interessenten, um mich rauszuekeln. Vorzugsweise durfte ich diese Führungen übernehmen, da er sich die meiste Zeit in Hong Kong aufhielt. Wenn er dann doch mal vor Ort war, nannte mich immer “Mr. Ronny” und freute sich dabei sehr. Aus Dankbarkeit für diese gastfreundliche Behandlung habe ich seinen WLAN-Router zum Abschied mit einem Administrations-Passwort versehen und den Funkbetrieb bis aus Weiteres eingestellt.
Bilder 5-9 Unterkunft Nummer 2 ab Ende Januar 2008 hatte zwar zwei Stockwerke und wurde vom Makler als “City-Mansion” angepriesen, war jedoch Sanitär-technisch und vom Wohnkomfort her ein deutlicher Abstieg. Die Wohnungstür war so undicht, dass der Wind ohne Unterlass sein trauriges Lied pfiff. Kein Scherz! Das Heulen des Windes war mitunter so laut, dass man den Fernseher nur noch auf voller Lautstärke “verstehen” konnte. Nicht dass es einen Unterschied gemacht hätte, weil verstanden habe ich im chinesischen Staatsfernsehen (CCTV 1-8) ja sowieso nix. Aber hatte ich ja auch einen koreanischen Sender…ein Glück!
Bild 10 - Ende Die Krönung der Mietverhältnisse im 18.Stock mitten in der Stadt (Jing’An District) bezog ich ab Mai 2008 zum Praktikums-Start bei Bosch. Kein Kommentar, die Bilder sprechen für sich. Komfort hat jedoch seinen Preis: Der Mietzins ist 2 Monate im voraus cash zu entrichten. Wenn bis zum fünften des Monats die Zahlung nicht erfolgt ist, werden 5% Verzugszinsen pro Tag (!) fällig. Ist bis zum 14. des Monats kein Geld eingegangen, endet das Mietverhältnis automatisch und die Kaution wird komplett aus Vertragsstrafe einbehalten. Alles in allem durchaus fair. Und da sag noch einer in China gäbe es keinen funktionierenden Mieterschutz!
Bread Talk. Eine Kette, die sich Bäcker schimpft.
Das Ganze funktioniert so: Man läuft mit Tablett und Zange bewaffnet um eine Insel aus Plexiglas-Schaukästen und schnappt sich das Backwerk seiner Wahl. Wer dann zuerst sein Tablett aus dem Tresen schmeisst, der darf zuerst bezahlen. Es hat ein wenig das Feeling von Reise nach Jerusalem, nur das die grauenvolle Musik in dem Laden niemals aufhört zu spielen. Ganz im Sinne der ökologischen Leitdoktrin Chinas wird jeder einzelne Artikel mit einem kleinen Plastiktütchen verhüllt. Die Gesamtheit dieser wird wiederum in eine große Plastiktüte verpackt.
“Backwerk” ist allerdings übertrieben. Die feilgebotenen Waren haben nämlich ein Mundgefühl wie Schwamm und schmecken auch so. Meine Lieblingskreationen:
Am ersten Tag unseres Kurztrips nach Beijing herrschte Dank der mit Artillerie-Kanonen in die Wolken geschossenen Chemikalien strahlend blauer Himmel. Ebenso an Tag 2 auf der chinesischen Mauer. Am dritten Tag sah man die Hand vor Augen nicht. Daher existieren auch äußerst wenige Bilder vom Sommerpalast. Am vierten und letzten Tag schneite es dann. Wie wir feststellen mussten sind die einige Kilometer außerhalb der Stadt liegenden Ming-Gräber den Besuch nicht wert!
Li Qun Roast Duck Restaurant
Auch wenn es auf den Bildern auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht, der wohl beste Ort für Peking-Ente (Beijing Kaoya). Tipp: Unbedingt vorher aufs Klo gehen, oder nachher, auf keinen Fall dort!
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Die einzelnen Stationen auf den Bildern:
Verbotene Stadt, Temple of Heaven, Li Qun Roast Duck Restaurant, Billard in einer Garage, Ming-Gräber, Sommerpalast
Schade, dass ich am 10.12. schon wieder von Beijing nach Shanghai zurückgekehrt bin. Da habe ich doch glatt den Schlangestehen-Üben-Tag verpasst. Welch Ungemach!
In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele hat die Partei nämlich eine wahrhaft brilliante Kampagne ins Leben gerufen. Zahlreiche Spruchbänder mahnen die Genossen: “Ich bin höflich, ich stelle mich an. An jedem 11. des Monats.” Nötig hätten es die Chinesen ja, ich bezweifle jedoch, dass die Kampagne greift. Denn wer im Alltagsleben Rücksicht nimmt, der verliert in China. Das lernt man spätestens, wenn man versucht in der Rush Hour ein Taxi zu ergattern. Ich vermute fast, dass irgendwo ein Spruchband hängt “Wer zuerst drin sitz, fährt zuerst.”
Ach ja, Blogs. Was früher mit “Liebes Tagebuch…” anfing, wird heute mit “Liebe Welt…” betitelt. Gedanken heimlich zu Papier zu bringen ist bereits seit Jahren OUT, bloggen jedoch seit geraumer Zeit unerträglich IN. Wer heute Tagebuch führt, wirkt irgendwie sonderbar. Der Blogger hingegen demonstriert Zeitgeist. Es scheint als erteile der “Upload” an die “Community” dem Schreiber die Absolution. Online te absolvo! Toll, liebe Welt, dann kann ich mich ja jetzt frei von Sünde und mit lediglich einem Minimum an schlechtem Gewissen meinem Mitteilungsbedürfnis beugen.
Trotz des etwas armseligen Versuchs mit jener Rechtfertigung die Existenz dieser Seite mit meiner langjährig propagierten Anti-Blog-Gesinnung zu vereinbaren, gilt auch weiterhin : Das Würstchen braucht Senf, das Internet nicht!